Soeben lese ich erneut meinen Newsletter von Börse-Intern. Dabei stoße ich auf diesen Artikel: Das muss ich hier sofort veröffentlichen, damit auch die, die es noch nicht gelesen haben, auch lesen können. Auf folgenden Link für die Charts und den übernommenen Text verweise ich. Einfach toller Artikel. Unbedingt lesen!
https://www.stockstreet.de/boerse-intern/1007190-ende-der-korrektur-oder-phase-4-welche-erkenntnis-setzt-sich-durch
Der folgende Artikel über die 5 Phasen des Crashs wurde bereits am 9. März bei Focus Online veröffentlicht. Da ihn sicherlich nicht alle Börse-Intern-Leser entdeckt haben, geben wir ihn nachfolgend noch einmal wider:
Menschen handeln und reagieren sehr ähnlich, so individuell sie auch erscheinen
mögen. Der Handel an der Börse ist hier keine Ausnahme. Aus diesem Grund ist es
nicht verwunderlich, dass wir auch in extremen Situationen an den Börsen immer
wieder bestimmte Grundmuster erkennen.
Im Fall des
Corona-Virus ist es wichtig zu wissen, wie die Märkte weiter reagieren werden.
Man kann hier fünf Phasen der Panik unterscheiden. Das Erkennen dieser Phasen
wird Ihnen helfen, die jeweiligen Reaktionen und Verhaltensweisen richtig zu
verstehen und einzuordnen. Daraus ergibt sich sofort, was jeweils zu tun ist.
Ausgangslage: Ein schweres, externes Ereignis
trifft auf die Börsen. Aktuell ist es eine durch einen Corona-Virus verursachte
Pandemie.
Phase 1 – die Schockstarre und die Verleugnung
In der
Nachbetrachtung von solchen externen Ereignissen werden sich sicherlich viele
von Ihnen schon einmal gefragt haben, warum Sie nicht schneller reagiert haben.
Und genau das hat mit der Phase 1 zu tun. Dabei hängen die Intensität und die
Dauer dieser Phase natürlich direkt mit der Art des Ereignisses zusammen.
Wenn, wie
zum Beispiel am 11. September 2001, die USA von Terroranschlägen getroffen
werden, reagieren die Börsen natürlich sehr schnell. Aber auch hier werden die
meisten Anleger eine gewisse Zeit gebraucht haben, die Ereignisse wirklich zu
verarbeiten und einzuordnen. Dieses Zögern, welches bei einigen kürzer und bei
anderen länger dauert, ist eine Reaktion auf den Schock, den solche plötzlichen
Ereignisse hervorrufen. Dies wird als „Schockstarre“ bezeichnet.
Börsenkurse stiegen weiter
Bei
Ereignissen, die weniger plötzlich auftreten, wie dem Corona-Virus, verhält es
sich etwas anders. Hier konnte man die typische „Verleugnung“ miterleben.
Tatsächlich sind die Kurse, nachdem die ersten Nachrichten einer möglichen
Pandemie über die Newsticker gelaufen waren, zunächst sogar noch angestiegen.
Erst später setzte der Einbruch ein. Diese Entwicklung war „der Verleugnung“
zuzuordnen. Dahinter verbergen sich Sätze wie: Das wird schon alles nicht so
schlimm werden. Die Wirtschaft ist stark, die schafft das. Der Virus erreicht
Europa/die USA nicht und ähnliches mehr.
Wir Menschen
müssen uns an neue Gegebenheiten anpassen. Und dabei sind wir oft langsamer,
als wir uns selbst eingestehen wollen. Dieser Anpassungsmechanismus kann unter
bestimmten Voraussetzungen dazu führen, dass man eine mögliche Veränderung
zunächst nicht wahrhaben will. Das gilt vor allem dann, wenn zuvor alles gut
gelaufen war. Also werden mögliche Folgen erst einmal geleugnet. Dieses Leugnen
kann manchmal auch völlig unvernünftig erscheinen.
Phase 1
umfasst also alle Faktoren, die eine sofortige Reaktion verhindern. Und hier
sind die zunächst weiter steigenden Kurse nach dem Ausbruch des Corona-Virus
ein Lehrbuchbeispiel. Tatsächlich ist es sinnvoll, bei solchen Ereignissen
möglichst früh zu reagieren. Denn in der Phase 2 reagieren die Börsen panisch.
Chart 1: Der Crash 1929
Wer hier
möglichst schnell verkauft hat oder seine Positionen abgesichert hat, der hat
einen erheblichen Vorteil beim Wiedereinstieg. Als Anleger müssen Sie also
lernen, Phase 1 möglichst schnell zu enttarnen, um dann die Vernunft
einzuschalten. Ist diese Situation dazu geeignet, die (Welt-)Wirtschaft
mittelfristig stark negativ zu beeinflussen, gilt es zu verkaufen
beziehungsweise abzusichern.
Phase 2 – die eigentliche Panikreaktion
Sobald die
Schockstarre weicht oder die Verleugnungsphase endet, geraten die Anleger in
Panik. Diese 2. Phase haben wir in der vergangenen Woche gesehen. Und es ist
noch nicht sicher, dass sie bereits vorbei ist. Immer drängender wird das
Gefühl, dass hier etwas geschehen ist, das die Börse eventuell länger belasten
kann. Anstatt nun besonnen zu reagieren, fallen die meisten Anleger in Panik,
eben weil sie nicht wissen, was sie tun sollen.
Das Typische
der Panik ist jedoch die Abwesenheit von Vernunft. Statt also jetzt vernünftig
zu agieren und zum Beispiel mit fallenden Kursen immer konsequenter
auszusteigen oder Absicherungen zu kaufen, wird alles auf den Markt
geschmissen, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Kurse fallen senkrecht in
die Tiefe. Und mit weiter fallenden Kursen geraten auch immer mehr Anleger
unter Druck und in Panik. Der Crash nährt den Crash. Wie wenig vernünftig in
diesen Tagen gehandelt wird, erkennt man daran, dass wirklich alles verkauft
wird – bis hin zu Aktien, die unter Umständen gar nicht von dem Ereignis
betroffen sind.
Panikphasen
dauern einen Tag bis Wochen. Die Dauer wiederum hängt davon ab, wie schnell das
Ereignis Phase 1 überwunden hat und wie nachhaltig das Ereignis auf die Börsen
wirken wird.
Chart 2: Die Ölkrise 1973-1974
In Phase 2
steigen einige wenige Aktien, die möglicherweise von dem externen Ereignis
profitieren können. Bei militärischen Auseinandersetzungen sind es häufig die
Aktien von Rüstungsunternehmen, bei Pandemien selbstverständlich eher Aktien
aus dem Biotechbereich und von Herstellen diverser Medikamente,
Schutzausrüstungen, Desinfektionsmittel und ähnliches. – Aber Vorsicht, bei
größeren Panikreaktionen der Märkte werden manchmal sogar Aktien solcher
Unternehmen verkauft.
Als
Krisenwährung gilt Gold. Und so legen viele Anleger einen Teil des Geldes, das
nun an der Seitenlinie steht, in Gold an. Doch wie wir unlängst gesehen haben,
kann in einer größeren Panik auch der Goldpreis einbrechen – zum Beispiel, wenn
größere Fonds ihre Absicherung in Gold auflösen, um damit Liquidität
freizubekommen, um mit Absicherung- bzw. Gegenpositionen Verluste bei den
Aktien einzugrenzen.
Phase 3 – Erschöpfung und das verfrühte Aufatmen
Panik ist
ein Gemütszustand, der sehr viel Energie verbraucht. Viele Anleger lesen in
dieser Zeit alles an Nachrichten, was sie kriegen können, um ihre
Entscheidungen vermeintlich besser zu begründen. Sie sind dabei sehr aufgeregt
und unsicher. Dieser Stress führt zu einer tiefergreifenden mentalen
Erschöpfung. Meist merkt man davon nicht so viel. Aber interessanterweise hat
diese Erschöpfung noch einen gravierenden Effekt: Neue Nachrichten führen
irgendwann nicht mehr zu größerer Panik. Vor allem dann, wenn man das Depot nun
teilweise verkauft oder abgesichert hat. Wenn aber die Nachrichten nicht mehr
neues Adrenalin in die Adern pumpen, bewertet unser Gehirn diese neuen
Nachrichten deutlich weniger dramatisch. Die Folge ist eine grobe
Fehleinschätzung: „Alles halb so schlimm!“
In dieser
Phase 3 steigen viele Anleger wieder in die Märkte ein, weil sie denken, das
Gröbste hinter sich zu haben. Sie verkennen aber dabei den zugrundeliegenden,
eigentlich eher mentalen Prozess. Und so führt diese Phase 3 zu einer meist
dynamischen Gegenbewegung in den Kursen, die dann noch die Annahme stützt, dass
alles nicht so schlimm ist – sonst würden die Kurse ja schließlich nicht so
stark steigen – der Kreis schließt sich. Gleichzeitig sind viele Anleger auch
gerne bereit, sich hier täuschen zu lassen – allein, um der Fortsetzung der
Panik zu entgehen.
Die Zäsur in diesem Modell
Zäsur: An
dieser Stelle muss der erfahrene Anleger sehr aufpassen. Mit den neuen
Informationen muss er sich erneut die alles entscheidende Frage stellen: Ist
dieses Ereignis tatsächlich in der Lage, die Weltwirtschaft mittelfristig stark
zu beeinträchtigen oder wird der Einfluss nur von kurzer Dauer sein? Ist
tatsächlich erstes der Fall, kommt es zu Phase 4 und 5. Ist der Einfluss aber
nur von kurzer Dauer, bricht der Prozess an dieser Stelle ab und die Kurse
steigen wieder auf die Niveaus, die vor dem Einbruch erreicht waren. Und ein
neues Hoch ist meist auch der Hinweis, dass die Panik-Phasen zu Ende gegangen
sind.
Beim
Corona-Virus lässt sich die oben formulierte Frage allerdings nicht so
eindeutig beantworten. Definitiv bringt diese Pandemie einen erheblichen
konjunkturellen Einbruch mit sich, allein schon, weil viele Menschen weniger
aus dem Haus gehen, von Veranstaltungen fernbleiben, etc. Messen und
Veranstaltungen werden daher oder aus eigenen Sicherheitsüberlegungen abgesagt.
Unternehmen stellen wichtige Projekte nach hinten etc. Auch die Konsumneigung
der Bürger sinkt in kritischen Phasen erheblich. Es gibt also eine Vielzahl von
Belastungsfaktoren.
Phase 4 – die realistische Einschätzung und die
langfristigen Folgen
Wenn Phase 4
startet, ist meist genügend Zeit vergangen, um das Ereignis und seine Folgen
richtig einzuschätzen. Diese Phase beginnt bereits in der Gegenbewegung der
Kurse während Phase 3. Dadurch, dass die Panik erst einmal vorbei ist, kommen
viele Anleger zu einer realistischeren Einschätzung der Situation. Wenn das
Ereignis die Wirtschaft mittelfristig stärker beeinträchtigen kann oder sogar
noch weitere Risiken verursacht, werden immer mehr Anleger und vor allem die
großen Fonds nach und nach ihr Positionen an die neuen Gegebenheiten anpassen.
Phase 4 ist
also geprägt von wieder fallenden Kursen, die allerdings nicht mehr so
dynamisch einbrechen, wie in der eigentlichen Panikphase (2). Diese 4. Phase
dauert wenige Wochen bis Monate. In manchen Fällen sogar Jahre. Das hängt
natürlich von der weiteren Entwicklung des individuellen Falles ab:
Chart 3: Die Finanzkrise 2008-2009
Können die
Unternehmen Verluste ausgleichen? Wie stark sind sie beispielsweise betroffen?
Je mehr Unternehmen starke Umsatzeinbußen haben, je mehr werden sich die Kurse
dieser Unternehmen an die neue Situation angleichen. Sprich, die Kurse fallen
weiter. In dieser Phase können sich Aktien, die davon nicht betroffen sind,
meist gut halten oder sogar steigen. Auch die mittelfristigen Profiteure einer
solchen Entwicklung, werden eher steigende Kurse verzeichnen.
Beim
Corona-Virus könnte der Spuk schnell vorbei sein, dann, wenn sich die
Bevölkerung an diesen Virus gewöhnt hat, wie es inzwischen schon ein wenig in
China der Fall ist. Dann treten gewisse Aufholeffekte auf. Nach schlechten Quartalsergebnissen
werden auf einmal deutlich bessere erwartet. Das führt somit zu steigenden
Kursen. Es sei denn, dass Unternehmen oder Banken in Schieflage geraten, die
Krise also neue Krisen hervorruft. Das bleibt abzuwarten. Doch bevor ein Ende
der Krise zu steigenden Kursen führt, kommt es meist noch zu der letzten Phase:
Phase 5 – Kapitulation und Resignation
Die Phase 5
beschreibt das Ende der Panik – die Anleger kapitulieren oder/und resignieren.
Die
Kapitulation: Meist
kommt es nach längeren Kursverlusten zu einem Sell-Off, einem finalen
Ausverkauf. Die Anleger, die nicht schon am Anfang verkauft haben und die ganze
Zeit hofften, dass die Kurse wieder steigen, werden oft am Ende eines solchen
Crash ihre Bestände auf den Markt schmeißen, um nicht noch mehr Verluste
ertragen zu müssen. Dieser Sell-Off entsteht in einer Zeit, in der die
Nachrichten voll sind von Horrorszenarien für die Wirtschaft.
Die
Resignation: Bei ganz
langsamen und langen Verläufen der Phase 4 wird es eher zu einer breiten
Resignation unter den Anlegern kommen. Eine solche haben wir zum Beispiel im
Jahr 2003 nach dem dreijährigen Crash erlebt.
In den
meisten Fällen handelt es sich jedoch um Mischformen.
Diese letzte
Phase 5 zu erkennen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Anlegers. Denn in
dieser Phase sollte man die Aktien, die man hoffentlich noch zu deutlich
höheren Kursen verkauft hat, zurückkaufen.
Aktien erst am Ende des Crashs kaufen
Eigentlich
sind die 5 Phasen des Crashs sehr gut zu erkennen. Wenn Sie nach einem längeren
Crash morgens aufwachen und absolut davon überzeugt sind, dass nun das System
oder die Wirtschaft oder die Börsen endgültig crashen, können sie nahezu blind
kaufen. Natürlich nur, wenn Sie das nicht zuvor schon ständig denken und die
Kurse am ENDE einer längeren Abwärtsbewegung plötzlich wieder senkrecht nach
unten fallen.
Fazit: Die
verschiedenen Phasen der Panik zu erkennen, kann ihnen helfen, genauer
einzuschätzen, wie Sie sich verhalten sollten. Schlussendlich verlaufen aber
natürlich alle Krisen auf ihre ganz eigene und spezielle Art und Weise. Und so
sind die Phasen nur eine gute Richtschnur, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Und doch lassen sich in fast allen Crashs genau diese Muster erkennen (siehe
Charts).